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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 763 mal aufgerufen
 
Allgemeine Themen
MUMIE ( gelöscht )
Beiträge:

15.06.2008 09:33
Wen es interessiert - Unwirksame und anfechtbare Kaufverträge Zitat · Antworten

Vielleicht kann EUCH die alte, vermoderte und nicht ganz geruchfreie Mumie einige Informationen liefern, von den man vielleicht im persönlichen Leben etwas wissen sollte.

Bedarf der Abschluss eines Kaufvertrags einer besonderen Form?

Nein, der Kaufvertrag bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form. Er kann also grundsätzlich in jeder Form (mündlich, schriftlich oder durch schlüssiges Verhalten) abgeschlossen werden. Nur ausnahmsweise schreibt das Gesetz beim Abschluss des Kaufvertrags eine bestimmte Form vor.

Bis zu welchem Alter kann eine Person unter keinen Umständen einen wirksamen Kaufvertrag abschließen?
Keinen wirksamen Kaufvertrag kann ein Kind abschließen, das das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Das Kind ist geschäftsunfähig. Vgl. § 104 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Führt jeder Verstoß gegen eine gesetzliche Verbotsregelung zur Nichtigkeit des Kaufvertrags?
Nein. Bei der jeweiligen gesetzlichen Verbotsregelung ist der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck zu prüfen. Nur wenn ein Interesse der Allgemein besteht, dem Kaufvertrag die Gültigkeit zu versagen, ist von der Unwirksamkeit auszugehen. So hat beispielsweise ein Kaufvertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, dann nicht die Unwirksamkeit zur Folge, wenn das gesetzliche Verbot nicht den Inhalt, sondern nur die Zeit, in der das Geschäft getätigt wurde, untersagt. So ist also der Einkauf von Lebensmitteln auch dann wirksam, wenn er außerhalb der gesetzlich festgelegten Ladenschlusszeiten erfolgt.

Für welche Kaufverträge ist gesetzlich eine besondere Form vorgeschrieben?

· Der Grundstückskaufvertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Vgl. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB.

· Ein Kaufvertrag, durch den sich der Verkäufer verpflichtet, sein gesamtes gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung. Vgl. § 311b Abs. 2 BGB.

· Ebenfalls der notariellen Beurkundung bedarf der Kaufvertrag, durch den der Erbe die ihm angefallene Erbschaft verkauft. Vgl. § 2371 BGB.

· Der Schriftform bedarf der Kaufvertrag, wenn dem Käufer (Verbraucher) ein Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt wird. Vgl. § 499 Abs. 1 BGB.

· Auch Ratenlieferverträge (z.B. Abonnement) bedürfen der Schriftform. Vgl. § 505 Abs. 2 BGB.

Kann der Minderjährige wirksam einen Kaufvertrag abschließen, wenn er sich verpflichtet, den Kaufpreis mit seinem Taschengeld in Raten zu entrichten?
Nein, ein entsprechender Kaufvertrag ist immer schwebend unwirksam. Sobald aber der Minderjährige die letzte Rate bezahlt hat und die geschuldete Leistung damit insgesamt erbracht hat wird der Kaufvertrag auch ohne Genehmigung der Eltern rückwirkend wirksam.

Kann die Nichtigkeit eines durch eine geschäftsunfähige Person abgeschlossenen Kaufvertrags nachträglich durch die Genehmigung der Eltern geheilt werden?
Nein

Kann ein Kaufvertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wirksam abgeschlossen werden?
Nein. Ein Kaufvertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig. Vgl. § 134 BGB.

Unter welchen Umständen kann ein Kaufvertrag nichtig sein?
In Betracht kommen vor allem persönliche Mängel der Vertragspartner (z. B. Geschäftsunfähigkeit), formelle Mängel (z. B. Nichtbeachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form für den Kaufvertrag) und inhaltliche Mängel (z. B. Wucher oder Verstöße gegen ein gesetzliches Verbot).

Wann ist eine ``Ausbeutung'' der Zwangslage, des mangelnden Urteilsvermögens oder der erheblichen Willensschwäche gegeben?
Ausbeutung ist gegeben, wenn der Verkäufer die Zwangslage, Unerfahrenheit den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche des Käufers bewusst ausnutzt, um einen übermäßigen gewinn mit dem Geschäft zu machen.

Wann liegt beim Käufer eine ``erhebliche Willensschwäche'' vor?
Erhebliche Willensschwäche ist fehlende oder verminderte Widerstandsfähigkeit. Eine Willensschwäche kann bei Alkohol- oder Drogenabhängigen gegeben sein, unter Umständen sogar beim Vorliegen eines ``psychischen Kaufzwangs''.

Wann liegt beim Käufer eine ``Unerfahrenheit'' vor?
Unerfahrenheit liegt insbesondere vor, wenn es dem Käufer an Lebens- oder Geschäftserfahrung mangelt (z. B. bei Aussiedlern oder älteren Menschen).

Wann liegt ein Wuchergeschäft vor?

Wucher liegt vor, wenn

· der Kaufvertrag ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung beinhaltet und

· der Verkäufer die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche des Käufers ausbeutet. Vgl. § 138 Abs. 2 BGB.

Wann mangelt es dem Käufer am ``Urteilsvermögen''?
Mangelndes Urteilsvermögen ist gegeben, wenn der Käufer nicht fähig ist, die wirtschaftlichen Folgen des Kaufvertrags richtig zu beurteilen, also die Vor- und Nachteile des Geschäfts richtig gegeneinander abzuwägen.

Wann verstößt ein Kaufvertrag gegen die guten Sitten?

Sittenwidrigkeit liegt insbesondere vor,

· wenn eine Vertragspartei des Kaufvertrags ihre Macht- oder Monopolstellung ausnutzt,

· bei Knebelungsverträgen,

· bei Kaufverträgen, die mit Steuerhinterziehungsabsicht geschlossen werden.

Welche Folgen hat der Abschluss eines Kaufvertrags durch eine geschäftsunfähige Person?
Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig; vgl. § 105 Abs. 1 BGB. Der Kaufvertrag ist also nichtig und entfaltet keine Rechtsfolgen.

Welche Folgen hat ein sittenwidriger Kaufvertrag?
Der Kaufvertrag ist nichtig. Vgl. § 118 BGB. Aus dem Kaufvertrag entstehen also für Verkäufer und Käufer weder Rechte noch Pflichten. Der Käufer muss die gekaufte Ware nicht abnehmen und den Kaufpreis nicht bezahlen.

Welche Folgen hat es, wenn der Kaufvertrag der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht entspricht?
Die Nichtbeachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form führt regelmäßig zur Nichtigkeit des Kaufvertrags. Vgl. § 125 Satz 1 BGB. Aus dem Kaufvertrag entstehen also für Verkäufer und Käufer weder Rechte noch Pflichten. Der Käufer muss die gekaufte Ware nicht abnehmen und den Kaufpreis nicht bezahlen.

Welche Folgen hat es, wenn ein Kaufvertrag nichtig ist?
Kaufverträgen, die wegen gesetzlicher Regelungen nichtig sind, versagt das Gesetz jede Wirkung. Sie entfalten keine Rechtsfolgen. Kein Partner des Kaufvertrags, also weder der Verkäufer noch der Käufer, können sich auf den Vertrag berufen. Aus dem Kaufvertrag entstehen also für Verkäufer und Käufer weder Rechte noch Pflichten. Der Käufer muss die gekaufte Ware nicht abnehmen und den Kaufpreis nicht bezahlen.

Welche gesetzlichen Verbote bewirken die Nichtigkeit des Kaufvertrags?
Verbotene Kaufverträge enthalten Vereinbarungen, die unsere Rechtsordnung wegen ihres Inhalts oder wegen der Umstände ihres Zustandekommens untersagt. Verbotsregelungen enthalten insbesondere das Strafgesetzbuch (z. B. Verbot der Hehlerei). Verboten ist aber etwa auch die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneien ohne Rezept; mithin ist ein entsprechender Kaufvertrag nichtig.

Teufel0815 Offline

Forencasanova


Beiträge: 12.461

15.06.2008 11:18
#2 RE: Wen es interessiert - Unwirksame und anfechtbare Kaufverträge Zitat · Antworten

Da ich ja nun selber Kfm. bin,hat mich dieser Artikel naturgemäss sehr interessiert!
Vorallem die Bereiche,in denen es um Minderjährige geht!
Denn die machen bei mir einen erheblichen %-Satz an der Gesamt-Statistik aus!
Zumindest war es mir nicht zu 100% klar,das eine völlige Geschäftsunfähigkeit
bereits mit 7 Jahren endet. Bisher war ich der Meinung,warum auch immer,das
dies später (12J.???) eintrifft!
Nun beschäftige ich mich schon seit Jahren mit diesen Themen und schippere immer
noch auf dem falschen Boot!
Man lernt halt doch nie aus!

Danke!!!

MUMIE ( gelöscht )
Beiträge:

15.06.2008 11:42
#3 RE: Wen es interessiert - Unwirksame und anfechtbare Kaufverträge Zitat · Antworten

Mal was ergänzend zur Rechtslage bei Minderjährigen als Käufer


Ein Sechsjähriger kann im juristischen Sinne kein Bonbon kaufen, auch nicht mit Genehmigung seiner Eltern. Denn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind Kinder unter sieben Jahren geschäftsunfähig. Ab dem siebten Lebensjahr sind Minderjährige beschränkt geschäftsfähig. Sie benötigen für ein Rechtsgeschäft, das heißt zum Einkaufen, die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, in der Regel eines Elternteils. Liegt diese nicht vor, ist das Rechtsgeschäft eines Kindes „schwebend unwirksam“. Das heißt, die Eltern können den Einkauf ihres Kindes rückgängig machen oder durch nachträgliche Einwilligung rechtlich wirksam werden lassen.

Der sogenannte Taschengeldparagraph sieht als Ausnahme vor, dass ein Minderjähriger ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters rechtswirksame Verträge abschließen kann, falls ihm von seinem gesetzlichen Vertreter bzw. Eltern Mittel zur freien Verfügung überlassen worden sind. Mit dem „Taschengeldparagraphen“ wird gemeinhin das eigenständige Einkaufen von Waren und Dienstleistungen durch Kinder legitimiert. Ob er aber eine rechtliche Grundlage für den Einkauf bzw. Abschluss eines Kaufvertrages bietet, ist rechtspolitisch umstritten: Dürfen Kinder „ohne Zustimmung“ der Eltern, oder auch gegen den Elternwillen rechtswirksam handeln? Nach der herrschenden Meinung der Juristen ist die freie Verfügungsmacht des Minderjährigen auch bei „zur freien Verfügung“ überlassenen Mitteln beschränkt, sowohl nach der Höhe des Taschengeldes als auch nach dem Willen der Eltern.

Der „Taschengeldparagraph“ ermöglicht es, dass sich Minderjährige trotz ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit auf dem für sie relevanten Markt bewegen können. Dabei schließt der Taschengeldparagraph die Verschuldung von Minderjährigen aus, da er das Grundprinzip der Nicht-Wirksamkeit von verpflichtenden Rechtsgeschäften unangetastet lässt. Zur Verdeutlichung: Kinder können z.B. im Laden eine Kinderzeitschrift gegen Barzahlung erwerben, sie können aber keine Kinderzeitschrift abonnieren.

Bei einer Betrachtung der Kinder und Jugendlichen als Marktteilnehmer ist prinzipiell deren praktisches ökonomisches Handeln von ihrer rechtsgeschäftlichen Handelsfähigkeit zu unterscheiden. Was Eltern ihren Kindern auf dem Markt erlauben oder was deren Kinder „dürfen“ ist die eine Sache, eine ganz andere ist der rechtswirksame Vertragsabschluß. Der „Taschengeldparagraph“ stellt nur sicher, dass der Verkäufer bei den „üblichen“ Ausgaben von Kindern von einem wirksamen Kaufvertrag ausgehen kann. Rechtslage und Pädagogik sind auseinanderzuhalten: Kinder mögen aus pädagogischer Perspektive „selbstbestimmt“ auf dem Markt handeln, aus juristischer Perspektive tun sie dies zu ihrem eigenen Schutze nicht.

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