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MUMIE ( gelöscht )
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03.07.2008 07:39
Boot Camps funktionieren nicht Zitat · Antworten

In der Diskussion um Jugendkriminalität fordern Unionspolitiker die Einrichtung von Erziehungscamps. Eines der Vorbilder: Die sogenannten Boot Camps in den USA. Doch gerade dort wird der Sinn dieser Einrichtungen mehr und mehr bezweifelt.

Von Simone Mir Haschemi, HR-Hörfunkstudio Washington

Die Regeln in einem US-amerikanischen Boot Camp sind denkbar einfach: Die Jugendlichen haben das zu tun, was man ihnen sagt - und zwar genau dann, wenn man es ihnen sagt. Sie müssen um fünf oder sechs Uhr aufstehen, arbeiten, laufen, dürfen nicht schlapp machen – ganz wie bei der Ausbildung von Rekruten beim amerikanischen Militär. Die Jugendlichen sollen hier Respekt und Gehorsam lernen.

Zusätzliche Programme auch in den Boot Camps
Aber inzwischen sind viele Kriminologen und Psychologen der gleichen Meinung wie Thomas Blomberg, Kriminologe an der Florida State Universität: "Untersuchungen zeigen: Boot Camps funktionieren nicht. Sie verringern die Rückfallquote nicht, sie verändern die Einstellung der Jugendlichen nicht, und manche Studien sagen sogar, sie machen brutaler."

In den Boot Camps gibt es in den letzten Jahren vermehrt zusätzliche Programme, die den Jugendlichen helfen sollen, nicht rückfällig zu werden wie Therapien und Berufsausbildungen. Trotzdem sagen Kritiker: In den Lagern geht es nach wie vor zunächst darum, dass die Jugendlichen sich dem System unterordnen. "Sie kommen in die Boot Camps mit einer Geschichte von Missbrauch und Vernachlässigung und nicht aus einer stützenden Umgebung aus sich stets kümmernden, unterstützenden Erwachsenen. Wenn sie also zurückkehren, müssen wir nicht nur darüber nachdenken, ob sie wieder kriminell werden, sondern welche Unterstützung sie brauchen werden, wenn sie zurück in der Gesellschaft sind", so Raymond Crowell vom Nationalen Verband für psychische Gesundheit.

Todesfälle in privaten Camps
Ein Hauptproblem der Boot Camps in den USA: Es gibt keine zentrale Koordinierung oder auch nur Kontrolle durch den Staat. Die 50 Bundesstaaten können selbst Boot Camps leiten, oder ihre jugendlichen Straftäter in privat organisierte Lager schicken. Und die stehen besonders in der Kritik: Mehrfach gab es in privaten Camps Todesfälle, weil das Personal nicht entsprechend ausgebildet war. Jugendliche sind beim Sport oder tagelangen Wanderungen umgekippt, weil sie zu wenig zu trinken bekamen. Nachdem vor knapp zwei Jahren ein 14-Jähriger in Florida von Wärtern so zusammengeschlagen wurde, dass er starb, hat der Bundesstaat seine Boot Camps abgeschafft.

Maia Szalavitz hat ein Buch über Boot Camps geschrieben. Wie sie meinen viele, dass die Camps besser kontrolliert werden müssen: "Die Leute glauben, um den Jugendlichen zu helfen, muss man sie angreifen, grausam und brutal zu ihnen sein. Doch dieses Verhalten kann eskalieren! Wenn es keine Überprüfung der Macht gegenüber hilflosen Menschen gibt, und wenn Sadismus belohnt wird, dann wird es nur schlimmer!"

Ein Gremium des US-Kongresses hat erst vor wenigen Monaten von tausenden Missbrauchsfällen in Boot Camps allein im Jahr 2005 berichtet. Ein Kongressausschuss will nun Anfang dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen, der eine größere Rolle der Bundesregierung bei der Regulierung der Camps vorsieht.

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